Du musst dich keiner Religion zugehörig fühlen, um die Hoffnung auf einen höheren Sinn zu kennen.
Wer pilgert schwingt sich ein in die Sehnsucht der Menschen aller Zeiten und Kulturen auf eine Dimension, die größer ist als wir.
Wer pilgert, öffnet sich für die Gemeinschaft mit den anderen in der Gruppe und mit den Menschen, die unterwegs begegnen.
Wer pilgert erfährt sich in einer unbekannten Welt und lässt sich auf die Bedingungen ein, die der Tag, das Wetter, die körperliche Verfassung bieten – und bewegt sich, mit jedem Schritt mehr, ganz im Hier und Jetzt.
Pilgern ist eine echte Wandelwerkstatt. In der Langsamkeit des Gehens eröffnet es eine intensive Art, sich selbst zu begegnen.
Fremdheitserfahrungen machen wir modernen Menschen jeden Tag. Beim Pilgern ist diese Erfahrung Programm, es hat davon sogar seinen Namen.
Der peregrinus, der Fremde, lässt los und öffnet sich neuen Erfahrungen: der Einfachheit, der ungewohnten körperlichen Anstrengung und vor allem den eigenen Gefühlen und Gedanken.
Wer pilgert lässt die Komfortzone bewusst einmal hinter sich und setzt sich der Welt aus – aufgehoben und getragen in der Weggemeinschaft, in der Begegnung mit Menschen, in der Naturerfahrung und im Ankommen in der eigenen Mitte.
Seit drei Wochen wanderte ich allein über die Alpen Richtung Mittelmeer. Mein ganzes Leben war auf den Kopf gestellt worden. Ich hatte gekündigt, den Rucksack gepackt und war nun auf dieser Fernwanderung. So nannte ich das, bis eine Hüttenwirtin mir erzählte, dass sie schon mehrmals den Jakobsweg gegangen sei. „Ich will auch einmal pilgern“, gestand ich. Sie lächelte und antwortete: „Das tust du längst.“
Mir war sofort klar, dass sie recht hatte. Diese Wanderung war mein Übergangsritual. Ich war eine Suchende, die in der Natur, im Himmel und auf der Erde Antworten erhoffte.
Das ist für mich der eine Unterschied zum Wandern: Beim Pilgern geht es um die bewusste Offenheit für die Begegnung mit mir selbst und mit dem, was mich trägt. So gesehen ist Pilgern überall möglich.